Wer bin ich? Ich stell mich mal vor:
Schön, dass du vorbeischaust. Ich heiße Benjamin Lenatz, bin 36 Jahre alt und komme aus dem Bergischen Land - genauer gesagt aus Hückeswagen. Um diesen Ort kreist meine gesamte Lebensgeschichte, auch wenn ich zwischendurch mal weg war.
Geboren wurde ich am 7. September 1984 in Radevormwald. Aufgewachsen bin ich mit meinen Eltern, einem Bruder und einer Schwester.
Nach meiner Schule hatte ich den Wunsch, eines Tages die Firma meines Vaters zu übernehmen, und begann deshalb eine Ausbildung zum Gas-Wasser-Installateur. Mein Vater und ich teilten auch unser größtes Hobby: Wir fuhren Motocross bzw. Enduro mit dem Quad. Als ich mit 18 meinen Führerschein bekam, durfte ich dann auch auf der Straße damit fahren.
Wie alles begann - der Querschnitt:
Der 23. März 2003 war der erste schöne Tag in diesem Jahr und mein Vater, mein Ex-Schwager und ich sind eine Runde um die Talsperren gefahren. In einer Kurve kam
ich von der Straße ab und bin frontal in den Gegenverkehr geraten. Als ich auf dem Boden aufschlug, spürte ich sofort meine Beine nicht mehr. Zu dem Zeitpunkt war mir nicht bewusst, dass sich ab
dem Zeitpunkt mein Leben einmal komplett auf links dreht.
Der Krankenwagen fuhr mich ins nahe gelegene Krankenhaus, in dem ich geröntgt wurde und sehr schnell klar war, dass dies ein Fall für Spezialisten ist. Aus diesem Grund musste ein Hubschrauber angefordert werden, der mich zum Bergmannsheil-Klinikum in Bochum flog. Hier wurden die OP und die anschließende Reha bis zur Entlassung nach ca. 4,5 Monaten durchgeführt. Diesen Prozess würde ich heute wohl so beschreiben: Das Säuglingsdasein fängt von vorne an und sämtliche, eigentlich selbstverständlichen, alltäglichen Dinge müssen neu erlernt werden.
Wenn du einen Rollstuhlfahrer auf der Straße siehst, denkst du wahrscheinlich als Erstes daran: „Oh Mist, nicht laufen zu können wäre schon schwierig.“
Die Begleiterscheinungen einer Querschnittlähmung sind aber nicht nur auf den Bewegungsapparat beschränkt. Ein großer Bereich ist die „Keramikabteilung“. Ein wichtiges Thema, das häufig nicht angesprochen wird, was nur zu noch mehr Problemen führt.
Bei mir wurde das Thema sofort im Rahmen meiner Reha in der Klinik angegangen.
Es gab ein aufklärendes Gespräch mit einem Spezialisten der Urologie bezüglich der Katheterisierung. Das ist mit 18 Jahren kein leichter Gang, aber in meinem Fall war es lebensnotwendig. Die Handhabung wurde mir durch die PflegerInnen mit viel Geduld und Verständnis nähergebracht. Wenn du die Blase nicht mehr bewusst entleeren kannst, muss dies mit Hilfe geschehen. Die schonendste in meinem Fall ist das Katheterisieren.
Das bedeutet für mich vor allem aber Flexibilität trotz einer gewissen Einschränkung. Dies ist mir als aktivem Menschen absolut wichtig. Auf meinen Touren mit dem Rad oder auch auf Reisen gibt es mir die nötige Unterstützung. Ich freue mich sehr darüber, das für mich richtige Produkt gefunden zu haben.
Das Katheterisieren birgt auch immer das Risiko von Harnwegsinfekten, womit ich mich leider bis heute auseinandersetzen muss. Das hat auch die Lebensabschnitte nach dem Unfall immer wieder stark beeinflusst, da ich durch Infektionen Trainingspausen einlegen musste oder sogar ins Krankenhaus gekommen bin. Zeitweise habe ich auch auf der Arbeit gefehlt. Ich musste viele Antibiotika nehmen und es hat auch eine Weile gedauert, die richtigen Hilfsmittel zur Blasenentleerung für mich zu finden. Aber ich bin sehr dankbar, dass ich Infektionsprobleme minimieren konnte. Der richtige Katheter hilft mir hierbei extrem und ich kann nur jedem empfehlen: Informiert euch, welche Möglichkeiten es gibt, und sucht euch die richtige aus.
Das ist je nach Bedürfnissen einfach sehr unterschiedlich, und wenn ihr den richtigen Katheter habt, werdet ihr feststellen, dass er die Handhabung verbessert und auch Probleme minimiert. Es bleibt aber trotzdem die Achillesferse eines Querschnittgelähmten und genau deshalb ist es so wichtig, dranzubleiben.
Hier findest Du weitere Informationen zu Coloplast Kathetern:
Daran seht ihr auch, wie wichtig es ist, einfach immer eine „Rolli-Toilette“ in der Gegend zu haben, sonst drohen Infekte durch eine überlastete Blase. Also stellt sie bitte nicht mit Putzgeräten, Akten, Gartenmöbeln oder sonstigen Dingen voll. Danke!
Im Rahmen meiner Reha habe ich Rollstuhlbasketball kennen und lieben gelernt. Somit war klar, dass ich, sobald ich aus der Reha entlassen wurde, den Sport schnellstmöglich zum Ausgleich ausüben wollte. Krach, quietschen, Abflüge – einfach ein spektakulärer Sport, der meinem Naturell sehr entgegenkommt.
Da ich so einen Spaß daran hatte und mein Ehrgeiz neu geweckt wurde, führte mich mein Weg zur Nationalmannschaft und in die Erste Bundesliga. Mit Leidenschaft habe ich diesen Sport 13 Jahre ausgelebt.
Nachdem ich meine Ausbildung abgeschlossen hatte, lebte ich für ein paar Jahre in Stuttgart und arbeitete dort an einer Hochschule. Da wurde mir auch bewusst, dass die Ausbildung allein nicht ausreicht, und ich habe eine Weiterbildung in Angriff genommen. Diese habe ich zwischen meinen Job und den Sport, welchen ich in Augsburg, Heidelberg und Frankfurt betrieben habe, gepackt.
Nur zwei Jahre danach durfte ich mich Wirtschaftswirt nennen. 😉
Nach meiner Zeit in Stuttgart riefen die Heimat und auch mein Heimatverein, die Köln 99ers.
Da ich weiterhin in Bewegung bleiben wollte, meldete ich mich im Fitnessstudio an, wo ich meine heutige Frau kennengelernt habe. Quasi vom Probetraining zum Altar.
Wie Frauen uns beeinflussen. 😊
Beruflich wurde ich bei der Stadt Bergisch Gladbach heimisch. Im Rahmen der Flüchtlingskrise konnte ich hier Unterstützung leisten, um mit einem wunderbaren Team Unterkünfte, sowie Materialien bereitzustellen.
eine Frau hat mich dann zu meiner dritten sportlichen Leidenschaft neben dem Motorsport und Rollstuhlbasketball gebracht, dem Triathlon.
Ich begleitete sie zu einem Wettkampf in Hamburg, nun weiß ich, „dem wohl größten auf der Welt“. Als meine Frau ihr Rad in die Wechselzone brachte, sah ich einen Athleten mit Rennrollstuhl und Handbike, und eine neue Herausforderung war geboren.
Ich schaute im Internet, welche Möglichkeiten es gibt, und habe mir dann ein Handbike gekauft. So nahm alles seinen Weg.
Mein Ziel auf diesem Weg wurden dann die Paralympischen Spiele in Tokio. Es hat sich ein geniales Team gebildet, welches aus meinen Trainern Olli und Patrick, meiner Frau und mir besteht. Nicht zu vergessen sind aber auch alle anderen um mich herum, die mich und uns auf dem Weg in jeglicher Form unterstützen.
Ende 2019 habe ich mit meinem Arbeitgeber gesprochen und um einen ruhenden Vertrag gebeten, damit ich mich komplett auf die Qualifikation konzentrieren kann.
Und das ist natürlich auch nicht ohne Sponsoren, Verband und Unterstützer sowie Familie möglich. Dieser Rückhalt ist einfach unbezahlbar.
Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt! – Die Leukämie und die Pandemie
Im Januar 2020 ging es dann mit meinem Trainer Olli zum zweiten Mal im Winter nach Lanzarote. Dass dies
nun den zweiten Einschnitt in meinem Leben bringen sollte, war mir auch hier nicht bewusst.
Nach den ersten drei Tagen Trainingslager hatte ich eine schlimme Nacht mit Magen-Darm-Problemen und ich musste letztendlich wegen Flüssigkeitsmangel ins Krankenhaus.
Die nächsten Tage erholte ich mich trotzdem nicht richtig und nach Rücksprache mit meinem Hausarzt sind wir frühzeitig abgereist. Nach einigen Blutabnahmen und stationärer Aufnahme in der Uniklinik Köln, landete ich schließlich auf der onkologischen Station. Fünf Tage später bekam ich die Diagnose chronische myeloische Leukämie.
Seitdem kämpfe ich mich nach und nach zurück in das normale Leben, welches zeitgleich durch die Corona-Pandemie zusätzlich erschwert wird. Aber wie bereits erwähnt, mein Ehrgeiz ist ungebrochen und ich plane, trotz aller Widrigkeiten stärker zurückzukommen.
Die aktuelle Therapie wird noch ca. zwei Jahre in Anspruch nehmen, bevor versucht wird, die Chemotherapie zu pausieren. Es ist ein steiniger und dennoch lohnenswerter Weg.
Ohne Unterstützung ist diese Situation natürlich nicht zu meistern, und hier steht meine Frau ohne Wenn und Aber an meiner Seite.
Seit April 2020 begleitet uns dazu auch ein Vierbeiner aus dem Tierschutz, Elli. Elli ist eine fantastische sportliche Begleitung, z.B. auf den Laufrunden meiner Frau, aber auch eine ganz tolle Schmusebacke und tägliche Begleiterin.
Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt, und freue mich auf viele, viele schöne Dinge, die noch auf uns warten.
Bleibt positiv und vor allem gesund. Ich freue mich, von euch zu hören oder zu lesen.